Humoresken und Satiren: In zwei Bänden 1880-1892Anton P Cechov
Gebundene Ausgabe
In den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts kämpfte Anton Tschechow mit der großen Form. Bis dahin hatte er bereits mehrere Kurzgeschichten und ein Bühnenstück verfasst; und auch diesmal wollte ihm ein Roman nicht so recht gelingen. Die lange Erzählung Die Steppe (1888) ist ein großartiger Ausdruck dieses Scheiterns: Als Romancier hatte Tschechow versagt -- stattdessen aber war ihm, wieder einmal, ein herausragendes Stück etwas kürzerer Erzählprosa gelungen. Zeit seines Lebens stand Tschechow mit dem großen epischen Wurf auf Kriegsfuß; nicht von ungefähr ist seine erste Publikation überhaupt, die Satire Was begegnet einem in Romanen, Novellen, etc. (1880), zum Großteil auch jener damals übersentimentalen Gattung gewidmet. Der Text findet sich in deutscher Erstübersetzung in der von Peter Urban besorgten und kommentierten zweibändigen Ausgabe von Humoresken und Satiren wieder, mit denen Tschechow der russischen Gesellschaft zwischen 1880 und 1892 den entlarvenden Spiegel vorhielt -- genau wie einige ironische, absurd-burleske Skizzen zu Romanen, die den Autor einmal mehr ausweisen als Meister zunächst weniger sensibel-impressionistischer denn vielmehr parodistisch-deftiger Kurzprosa. Der Roman eines Arztes etwa, dessen Titelheld die Menschheit qua Zungenoperation und Fäustlingszwang von der Geschwätzigkeit der Frauen als "einer der schrecklichsten Krankheiten" überhaupt "erlösen" will. Oder der Roman eines Reporters, der auf knapp zwei Seiten die groteske Liebesgeschichte eines typischen Vertreters dieser seltsamen Spezies zusammenfasst: "Gerades Näschen, wunderschöner Busen, wundervolle Haare, reizende Äuglein -- kein einziger Druckfehler!", heißt es da: "Ich las sie Korrektur und heiratete sie". Tschechow zu lesen ist also auch mit diesen zwei schönen Bänden ein ungetrübtes Vergnügen. Aber wenn wir Tschechow lesen, dann lesen wir ja eigentlich gar nicht Tschechow. Vielmehr lesen wir Tschechow, wie Peter Urban, sein überragender Übersetzer, ihn gelesen hat. Und der hat auch die frühen Satiren des Erzählgenies fulminant ins Deutsche übertragen. Allein über diese Leistung ließen sich Romane schreiben. --Thomas Köster
|