Warum Hieronymus B. keine Hexe verbrannteEckhard Schiffer
Taschenbuch
Eckart Schiffer zieht in seinem Buch einige Parallelen zwischen der Zeit des bekannten spätmittelalterlichen flämischen Malers Hieronymus Bosch und unserer Zeit: Endzeitstimmung und Verunsicherung angesichts der nicht mehr verstehbaren und nicht mehr beherrschbaren Funktionszusammenhänge der sich rasant weiterentwickelnden "modernen" Welt, Gewalt, Greuel und Grausamkeiten jeglicher Art um das Fremde, Unbekannte und Unbeherrschbare wenn schon nicht zu verstehen, dann wenigstens unwirksam und unschädlich zu machen. Apokalyptische Erwartungen gibt es heute, wie zu Zeiten von Bosch, jede Menge, vom GAU (Tschernobyl) zum Genozid (Kosovo, Afrika), Umweltvergiftung und Gefahren des alles beherrschenden Marktes mit seinen immer brutaler werdenden global wirkenden Mechanismen (Verlust des Arbeitsplatzes, Armut, soziales Ansehen). Schiffer beschreibt, wie sich der bekannte Teufelskreis von Angst erzeugt Gewalt, Gewalt erzeugt Angst usw. durchbrechen läßt. Er empfiehlt dazu, präventiv zunächst alles zu unternehmen, um den Mechanismus der Ausgrenzung von Fremden und Unbekannten, deren Abwertung und Entpersonalisierung zu erschweren, deren Entmenschlichung zu verhindern, dadurch daß sie eben als Menschen im Blick bleiben und nicht zu Konkurrenten werden. Sein erster Ansatzpunkt ist die Umgestaltung der Grundschule, wo seiner Ansicht nach auf alle Elemente einer unterscheidenden und wertenden Sichtweise und Beurteilung verzichtet werden müßte. Konsequent fordert er daher möglichst lange nur beschreibende Beurteilungen statt Zeugnisse und Noten im Ziffernschema. Über das Ausagieren von gewalttätigen Impulsen im Künstlerischen und Spielerischen wird, nach Schiffer, der Druck, der vor allem durch Leistungsforderungen, Konkurrenz und Wettbewerb entsteht, so verringert, daß nicht mehr wirkliche Gewalt erfolgen muß. Auch die therapeutische Verarbeitung von beunruhigenden Träumen mit Gewaltanteilen erscheint ihm dafür als geeignet.
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