Tausend Jahre AbendlandTaschenbuch
Der Name ist Programm, schließlich begibt sich das ZDF-Nachtstudio immer erst nach Mitternacht auf die Fernsehschirme. Gehört man zu den Zuschauern, die zu solch später Stunde einschalten, so sieht man Fachleute einen philosophisch-kulturellen Themenschwerpunkt diskutieren. Das klingt intellektuell, und genauso ist es auch gemeint: Hier werden keine platten, in 30 Sekunden vermittelbaren Erklärungsmuster gesucht, sondern man will den Dingen auf den Grund gehen. Aber da trotz hohem Anspruch eine TV-Produktion doch ein schnelllebiges Produkt ist, hat man beim Nachtstudio einer herausragenden Sendung einen vertiefenden Begleitband mitgegeben. Angesichts der allumfassenden Medienpräsenz hat die so genannte Jahrtausendwende (ob es wirklich eine war ist ein Gegenstand dieses Bandes) eine solchermaßen besondere Behandlung auch verdient. Die bedeutenden Entwicklungen der letzten Tausend Jahre Abendland zu überdenken war hier die selbstgestellte Aufgabe. Die erfasst das Buch anhand einprägsamer Eckdaten: Die Jahre 1000, 1500 und 2000 werden als "Zeitenwenden" in einzelnen Aufsätzen betrachtet. "Europas Erwachen" macht den Anfang -- in diesem Kapitel findet sich neben Ausführungen über Endzeitvisionen auch die bereits erwähnte Erörterung unserer nicht immer stimmigen Zeitrechnung. 500 Jahre weiter steht "Die Erfindung des Menschen" an: Wissenschaftliche Entdeckungen, technischer Fortschritt und kulturelle Veränderungen bestimmten diese Epoche. Und heute? Die Menschheit ist hoch technisiert, aber wieder beeinflusst uns eine schlichte Zahl: 2000. Warum dem so ist, erklärt ein Aufsatz, warum das in einer zunehmend globalisierten Welt passiert, ein anderer. Leser der zwölf Texte durchschreiten auf anspruchsvolle Weise tausend Jahre und lernen deren Marksteine kennen -- wie die Erfindung des Buchdrucks, die eine "Explosion des Wissens" nach sich zog und diesen Band erst möglich machte. --Joachim Hohwieler
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