Die letzten Tage des VatikanJacques Neirynck
Taschenbuch
Eigentlich hatte Theo de Fully nie beabsichtigt, einmal die letzten Tage des Vatikan einzuläuten, aber genau das geschieht auf Anordnung von Papst Johannes XXIV. Wie er dazu kommt? Eigentlich nur weil er, französisch-schweizer Bürger, Physiker und Nobelpreisträger, überzeugter Katholik und lupenreiner Pedant wie ihn die Welt selten sieht, an einer der heiligsten Reliquien der römischen Kurie, nämlich dem Grabtuch von Turin, im Jahr 1988 eine wissenschaftliche Datierungsbestimmung mit der Radiokarbonmethode C14 unternimmt. Im Gegensatz zu den anderen Laboratorien gelangt das Institut von Theo de Fully nicht zu dem Schluß, daß das Grabtuch eine geschickte Fälschung aus dem Mittelalter ist. Theo vermutet vielmehr einen noch unbekannten physikalischen Vorgang beim Verschwinden des darin eingewickelten Körpers, der auf die Anzahl der C14-Isotope in diesem Leinentuch eingewirkt haben mußte. Kardinal Weiss, Chef der Kongregation für die Glaubenslehre, sieht in Theos waghalsiger Spekulation über die Echtheit des Grabtuches eine Chance, die Existenz der historischen Person Jesus zu beweisen. Jacques Neirynck, der Ideenspinner dieses Buches, verbeißt sich über große Strecken in den Charakter und die Psyche des Physikers Theo de Fully. Etwas stolpernd schlittert Neirynck mit dem Leser in den Epilog des Buches, der der deutschen Ausgabe auch den zum gesamten Roman unpassenden Titel verleiht. Doch auch wenn der szenische Zusammenhang mit den vorhergehenden Kapiteln leidet, hier trumpft Neirynck noch einmal gewaltig auf und rechnet im "Gleichnis vom schlechten Hirten" mit der Institution der katholischen Kirche brillant ab. --Manuela Haselberger
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