Mord im Vatikan: Ermittlungen gegen die katholische KircheValeska von Roques
Taschenbuch
Wie ein Fels in der Brandung reagierte der Vatikan, als Valeska von Roques unlängst das Attentat auf Johannes Paul II. als perfide Verschwörung gegen den Papst entlarvte, für die sie westliche Gegner der Entspannungspolitik verantwortlich machte, deren Spuren seinerzeit auch in den Kirchenstaat führten. Ebenso unerschüttert gibt sich die Kurie nun von ihrem neuesten Buch Mord im Vatikan. Obwohl die Spiegel-Korrespondentin in ihrem abenteuerlichen Kriminalreport nichts weniger tut, als einflussreichste Kirchenkreise zu beschuldigen, an der Tötung dreier Menschen beteiligt gewesen zu sein -- und die Tat einem Unschuldigen in die Schuhe geschoben zu haben. Es geht dabei um den Aufsehen erregenden Fall des 23-jährigen Schweizergardisten Céderic Tornay, der 1998 nach offizieller Darstellung aus Wut über eine verweigerte Auszeichnung in einem plötzlichen "Anfall von Verrücktheit" seinen neuen Kommandanten Alois Estermann samt Gemahlin erschossen haben soll, ehe er seine Dienstwaffe gegen sich selbst richtete. Abgesehen von der Nichtigkeit des Anlasses waren es vor allem das verdächtige Aufklärungstempo, offensichtliche Beweismanipulationen, Rufschädigungen, Täuschungsmanöver sowie die Exklusivität, mit der die vatikanischen Ermittlungs- und Justizbehörden den Fall an sich zogen, die von Roques misstrauisch machten. Ihre Zweifel wuchsen, als sie das persönliche Umfeld Tornays auskundschaftete und von seiner Mutter ins Vertrauen gezogen wurde, die inzwischen mithilfe der Staranwälte Jacques Vergès und Luc Brossolet alle Hebel in Bewegung setzt, damit das inzwischen ad acta gelegte Verfahren vor einem unabhängigen Gericht neu aufgerollt wird. Die Autorin, die in genüsslichen Exkursen in die skandal- und intrigenträchtige Geschichte der katholischen Kirche keinen Hehl aus ihren Animositäten macht, lässt den Leser teilhaben an ihren spannenden Recherchen. Ungeheuerlich ihre Schlussfolgerungen, mit der sie an ihren mutmaßlichen "tödlichen Machtkampf" zwischen Seilschaften innerhalb des Kirchenstaates von 2001 anknüpft: Estermann musste sterben, weil er als Opus-Dei-Mann die pittoreske 110 Mann starke Garde in eine päpstliche Leibstandarte aus blind ergebenen "Mönch-Soldaten" umwandeln wollte. "Das hätte eine Verschiebung der Gleichgewichte im Mächtespiel des Vatikans bedeutet, die für bestimmte Lager, etwa die der italienischen Kurienfraktion und des Freimaurerflügels, sowie natürlich für die Vigilanza in keiner Weise akzeptabel gewesen wäre." -- "Völliger Blödsinn!", so Elmar Theodor Mäder, Oberst der Schweizergarde in einem Interview Ende Mai 2003. "Da geht es nicht mehr um Wahrheit, sondern um persönlichen Profit -- oder eine Revanche mit der Kirche. Dazu kommt, dass selbsternannte intime Vatikankenner im Vatikan meist gar nicht bekannt sind." --Roland Detsch
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