Zwischen zwei Welten: Die Jahre bei Saddam und meine Flucht aus der TyranneiZainab Salbi
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Es scheint schwer vorstellbar angesichts des heutigen Irak, so beginnt Zainab Salbis Bericht, dass ihre Kindheit in Bagdad sich in nichts vom Leben in jedem beliebigen amerikanischen Vorort unterschied. Die Mutter kutschierte zum Shoppen die prächtigen Boulevards entlang, ihre Tochter genoss den Vorzug von Klavier- und Ballettstunden, ganz was das gehobene Leben für die irakische Elite eben so bereithielt. Heute kann Zainab den Namen "Saddam Hussein" nur unter Schwierigkeiten aussprechen. Ihr gesamtes Denken kreist um ihn und die furchtbare Frage, wie es geschehen konnte, dass ihre Eltern, gebildete und liberale Leute, sich unter der (Schirm)herrschaft des Despoten ein solch komfortables Plätzchen eingerichtet hatten. Man merkt der "Tochter des Piloten" -- eine Bezeichnung, die Zainab hassen gelernt hat --, die innere Zerrissenheit und das gespannte Verhältnis den Eltern gegenüber an, die angeblich nur Zwängen gehorchten. Ihr Vater, Berufspilot, war Anfang der achtziger Jahre von Saddam zum Privatpiloten erkoren worden. Es folgte eine privilegierte Kindheit unter den Fittichen Amos, des "Onkels", wie Saddam von Zainab genannt werden wollte. Man spürt die grausame seelische Zwangslage, dass sie noch heute (aus der persönlichen Rückschau des Kindes) ihrem Gönner nichts Schlechtes nachsagen kann, ja ihn sogar "bezaubernd" fand. Durchaus ein Beleg für die perfide funktionierende Günstlingswirtschaft des Gewaltherrschers. Zainabs beklemmende Reportage lässt größere politisch-religiöse Zusammenhänge außer acht und liefert dafür umso düsterere Einblicke in den inneren Zirkel des Regimes, einem Palast des Schreckens der Willkür, in dem Menschen von einem auf den andern Tag verschwanden, Frauen von Saddam getötet oder vergewaltigt wurden. Angeblich um ihrer Tochter dieses Schicksal zu ersparen, verheiratete die Mutter die 21-Jährige während des ersten Golfkriegs mit einem in den USA lebenden "Geschäftsmann aus einer angesehenen Schiitenfamilie", der sie -- vergewaltigte! Nicht zuletzt diese schreckliche Erfahrung sollte sie später zur Gründerin der gegen Vergewaltigung kämpfenden Organisation "Women for Women International" werden lassen. Zainab Salbi war in der Absicht angetreten, über das Schicksal der Frauen im Irak zu schreiben ? und bei ihrer eigenen unaufgearbeiteten Geschichte gelandet. Thema verfehlt -- Gottseidank! ?Ravi Unger
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