Auf 2000 Quadratkilometern wurden bis zu 80 Millionen Bäume umgeknickt
Abb.: Kulik-Expedition (gemeinfrei)
Am 30. Juni 1908, früh um Sieben Uhr gab es im asiatischen Teil Russlands, in Sibirien, eine große Explosion, die weite Waldgebiete im Gebiet
Steinige Tunguska zerstörte. Man liest in dem Zusammenhang immer wieder von der sibirischen
Tundra, ich glaube aber, es ist auf jeden Fall das Gebiet der
Taiga (Borealer Nadelwald) gemeint. Man berichtete, auf 2000 Quadratkilometern wurden bis zu 80 Millionen Bäume umgeknickt und Augenzeugen in hunderten Kilometern Entfernung sprachen von silbrig glänzenden Wolken. Im Handelsstützpunkt
Wanawara, der ca. 60 km entfernt ist, sind angeblich noch Fensterscheiben zersprungen! Selbst im weit entfernten London soll man tagelang einen rötlichen Schimmer am Horizont beobachtet haben. Je nachdem, wie lange es dauerte, bis die Nachricht von der Explosion Europa erreichte, kann man das jedoch auch in den Bereich
Legendenbildung einordnen, wenn die zeitliche Zuordnung nachträglich erfolgte. Jedoch berichteten auch ältere Einwohner meiner Heimatstadt Marktleuthen im
Fichtelgebirge, das Ereignis mehrere Tage lang am östlichen Nachthimmel beobachtet zu haben.
Eine solch große Explosion könnte von Menschen nur durch mehrere, gleichzeitig gezündete Atombomben hervorgerufen werden und die waren damals noch nicht erfunden. Sie waren höchstens theoretisch im Kopf von
Albert Einstein vorhanden. Man spricht heute von einer Sprengkraft von 15 Megatonnen (Millionen Tonnen) TNT was ungefähr 1000 Hiroshima-Bomben entspräche. Das ganze in einigen Kilometern Höhe über dem Boden.
Wissenschaftliche Expedition
Erst 1927 gab es eine wissenschaftliche Expedition in das dünn besiedelte Gebiet, in dem nur wenige Menschen vom Volk der
Ewenken (Evenki, Tungusen) lebten. Der Leiter war der russische Mineraloge
Leonid Alexejewitsch Kulik vom Mineralogischen Museum in St. Petersburg. Er hatte durch Zufall aus einem alten Zeitungsartikel davon erfahren und hoffte, Meteoriten-Bruchstücke für sein Museum zu entdecken, deshalb war er hinsichtlich der Ursache der Erscheinung sicher nicht unvoreingenommen. Er befragte viele Leute in
Kansk und verteilte tausende Fragebögen. Die Menschen beschrieben ein "lautes grollendes Donnern" und eine "Lufterschütterung" an diesem Tag. Kulik untersuchte das Gebiet, konnte jedoch nichts finden. Zwei weitere Expeditionen folgten, bei denen er sogar mit Erdbohrern ca. 30 m tief bohrte und kleinere Seen entwässern ließ, aber von Meteoritentrümmern fand er keine Spur. Wie ihm erging es vielen danach und bis heute konnte nicht das kleinste Stück des angeblich in der Atmosphäre zerborstenen Meteoriten gefunden werden.
Meteorit oder Komet
1934 stellten sowjetische Astronomen die Theorie auf, dass kein Meteorit aus Mineralien und Metallen, sondern ein Komet eingeschlagen sei, der aus gefrorenem Wasser, Kohlendioxid und Ammoniak bestanden haben könnte und deshalb vollständig verdampft wäre. Dass kein Krater vorhanden ist, kann auch an einem sehr flachen Eintrittswinkel liegen, der dafür sorgte, dass der Weg in der Atmosphäre sehr lang war und der größte Teil der Energie an die Lufthülle abgegeben wurde.
In letzter Zeit gibt es Vermutungen, die den Untergang der Städte Sodom und Gomorra (auch Gomorrah oder Gomorrha) mit einem ähnlichen Ereignis erklären wollen. Auch dort fiel nach der Bibel,
Erstes Buch Mose (Genesis), 19. Kapitel, Feuer vom Himmel. Über ein ähnliches Ereignis im Altertum, vielleicht sogar das selbe, berichtet eine Tonscheibe mit Keilschrift, die im britischen Museum London liegt. Lange hatte man sie ins 6. Jahrhundert vor Christus und ins Reich der Assyrer eingeordnet. Erst vor einigen Jahren fand man heraus, dass die auf ihr abgebildeten Sternen-Konstellationen den Sternenhimmel des Jahres 3123 v. Chr. zeigen. Es scheint sich um die Aufzeichnungen eines Sterndeuters in Mesopotamien zu handeln, und darauf ist vor dem Sternenhimmel ein großer vorüberfliegender Himmelskörper gezeichnet. Da auch dafür kein dazugehöriger Krater gefunden wurde, könnte es sich ebenfalls um einen Kometen gehandelt haben, oder um einen Asteroiden, der sehr flach in die Atmosphäre eintauchte. Er könnte auch den Feuerregen und den Untergang von Sodom und Gomorra bewirkt haben. Wissenschaftler der Universität Bristol führen sogar einen riesigen Erdrutsch bei Köfels in den Ötztaler Alpen ebenfalls auf dieses Ereignis zurück, was ich für sehr gewagt halte. Einen Bericht über die Entdeckung brachte der
Spiegel im Jahr 2008.
In unserer Zeit gab es ein ähnliches, sehr gut dokumentiertes Ereignis von sehr viel größerem Ausmaß, das gottseidank sehr weit weg war: Der Einschlag des Kometen
Shoemaker-Levy 9 in den Planeten
Jupiter. Im Jahr 1953 wurde der Einschlag eines Asteroiden in den Mond beobachtet. Der Hobby-Astronom
Leon Stuart konnte den Einschlag fotografieren. Von der Erde aus sieht es wie ein Blitz aus. Mit Hilfe von Fotos der Mondsonde
Clementine hat man nun vermutlich den zugehörigen Krater gefunden.
Im Herbst 2012 wurde übrigens ein Komet entdeckt, der um Weihnachten 2013 der Erde bis auf 60 Millionen Kilometer nahekommen sollte. Er erhielt die Bezeichnung
Komet ISON (C/2012 S1). Leider hat er den nahen Vorbeiflug an der Sonne nicht überstanden und ist zerbrochen und verdampft. Dass ein Bruchstück die Erde treffen würde, war von vornherein praktisch ausgeschlossen.