Buch der Väter: RomanMiklós Vámos
Taschenbuch
Nachdem er ein (in Deutschland noch nicht veröffentlichtes) Buch über seine Mutter fertiggestellt hatte, empfand es Miklós Vámos als heilige Pflicht, dem Vater sein nächstes Epos zu widmen. Da er jedoch über den alten Herrn so gut wie nichts wusste, stieg seine Fabulierlust ins Unermessliche. Herausgekommen ist fast so etwas wie ein ungarisches Nationalepos, die drei Jahrhunderte währende Chronik einer mehr als denkwürdigen Familie. Zugleich schrieb Miklós Vámos das Buch aller ungarischen Väter. Ein Werk, so umfangreich, schillernd und irisierend, dass es unmöglich erscheint, den Inhalt auch nur annähernd wiederzugeben. Alles beginnt in dem fiktiven bayerischen Örtchen Thüningen, in dem der Großvater als Widerständler gegen die Habsburger Monarchie vor Jahren Exil gefunden hatte. Nun machen sich der Alte, seine verwitwete Tochter und sein Enkel Cornelius auf Planwagen auf einen langen Weg zurück in ihre ungarische Heimat. Mit im Gepäck, das vom Großvater begonnene Buch der Väter, eine Art Tagebuch und politischer Zustandsbericht, das wie ein Staffelstab an den jeweils Erstgeborenen der nächsten zwölf Generationen weitergereicht wird. Es entsteht eine Reise durch Raum und Zeit, durchsetzt von Kriegen, Pogromen, rassischer und religiöser Verfolgung, ? aber auch historischen Ereignissen wie der Sonnenfinsternis von 1706. Überhaupt kommen Esoterikfreunde bei Vámos voll auf ihre Kosten. Hemmungslos frönt der Mystiker seinen astrologischen und kabbalistischen Vorlieben. Die erbaulichen Naturbilder, die jedem Kapitel vorangestellt sind, sind jeweils einem Monat zugeordnet. Der Autor möchte den Leser dadurch "in eine Stimmungslage hineinwiegen, wie sie für den Helden des Kapitels charakteristisch ist". Damit nicht genug, der Vorname einer jeden Hauptfigur entspricht im Ungarischen dem ersten Buchstaben seines Tierkreiszeichens. Und ? alle im Roman auftretenden Erstgeborenen besitzen die Gabe der Hellsichtigkeit, ein jeder kann also nach Belieben in der eigenen Familienhistorie herumschnüffeln. Soweit gekommen, versteht es sich fast von selbst, dass der Sterndeuter Vámos seine Protagonisten als glühende Anhänger von Nostradamus, sowie diverser Geheimwissenschaften ausstaffiert. Bisweilen läuft Vámos Gefahr, durch erzählerische Überfülle und historischen Overkill den Leser zu überfordern. Man nehme sich also gehörig Zeit und Muße für diese märchenhafte Familiensaga. Es wird sich lohnen. ?Ravi Unger
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