Pius XII. Der Papst, der geschwiegen hat.John Cornwell
Taschenbuch
Kaum ein Nachfolger Petri der jüngeren Geschichte hat die Meinungen derart polarisiert wie Pius XII. Der Papst der geschwiegen hat. Der am Jesus College in Cambridge lehrende britische Vatikanexperten John Cornwell spürt in seinem ebenso spannenden wie profunden Buch, das im Original den wesentlich provokanteren Titel Hitler's Pope: The Secret History of Pius XII. trägt, den dafür ursächlichen Widersprüchen in Persönlichkeit und Wirken des Eugenio Pacelli nach, der von 1939 bis 1958 als selbststilisierter "Stellvertreter Christi auf Erden" auf dem Heiligen Stuhl saß. Er zeichnet dabei das Bild eines einnehmenden Charismatikers, dessen Autorität und Ausstrahlungskraft sich kaum jemand entziehen konnte und im scharfen Kontrast dazu das Psychogramm eines fanatischen Fundamentalisten, der in übersteigerter Rechtgläubigkeit über Leichen ging und dem etwa im Krieg die Verschonung der heiligen Stadt Rom mehr am Herzen lag als das Schicksal der jüdischen Opfer des Holocaust, denen er ohnehin einen an Rassismus grenzenden religiös motivierten Antijudaismus entgegenbrachte. Es verdichten sich die Indizien, daß Pacelli stets nur vom Streben nach Sicherung und Mehrung des Katholizismus beseelt war, angefangen bei der Einfädelung der Lateranverträge und des Reichskonkordats bis hin zur Direktive zum kirchlichen Gedenken an die Geburtstage Hitlers, dem er in seiner Privatkapelle freilich den Satan exorzierte. So wie der "Pastor Angelicus" das mörderische Ustascha-Regime in Kroatien als Brückenkopf bei der Zwangskonversion des Balkans und der weiteren Evangelisierung des Ostens unterstützte, sah er in seinem missionarischen Eifer in der Wehrmacht möglicherweise die Speerspitze eines Kreuzzugs zur Erlösung Rußlands vom jüdisch-bolschewistischen Joch. "Wenn man die ganze Geschichte dieses Lebens erzählte, dann würde, davon war ich überzeugt, das Pontifikat Pius XII. und die katholische Kirche am Ende entgegen aller Schmähungen gerechtfertigt dastehen", schreibt Cromwell. "Am Ende meiner Reise durch Leben und Zeit Eugenio Pacellis bin ich überzeugt, daß das historische Urteil ihn nicht als Beispiel von Heiligkeit für künftige Generationen sehen wird, sondern als in sich gebrochenes menschliches Wesen." -- Roland Detsch
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