Das andere Fremdwörter-Lexikon. Das passende Fremdwort schnell gefundenWolf-Ulrich Cropp
Taschenbuch
Das 19. Jahrhundert war das Zeitalter des geistreichen Salongesprächs und der hierzu verfassten Lexika. Da wollten auch die Literaten Nützliches beisteuern: Gustave Flaubert etwa hinterließ das Wörterbuch der Gemeinplätze. Der Zyniker Ambrose Bierce überraschte ab 1881 mit Des Teufels Wörterbuch. Leider nahmen beide Dichter ihre Nachschlagewerke nicht allzu ernst und machten sie damit für die gepflegte Unterhaltung fast unbrauchbar. "Lächerlich. Nur für Ignoranten", muss man bei Flaubert über Wörterbücher lesen. Und unter dem Stichwort "Konversation" vermerkte Bierce: "Jahrmarkt zur Ausstellung der minderen geistigen Waren, auf der jeder Aussteller zu sehr mit der vorteilhaften Darstellung seiner Waren befaßt ist, als daß er jene seines Nachbarn betrachten könnte". Jetzt endlich hat Wolf-Ulrich Cropp einen Wälzer im Taschenbuch vorgelegt, mit dem sich nicht nur trefflich konversieren, sondern auch in Reden (Elogia), Abhandlungen (Essays) oder Briefen (Episteln) fulminant imponieren lässt. Das Wörterbuch, das sofort das richtige Fremdwort parat hat, versammelt 20.000 Stichwörter nebst "originellen Anwendungsbeispielen und hilfreichen Zitaten", die dem glücklichen Benutzer gleich die adäquate eingedeutschte Vokabel greifbar machen: Ein unentbehrliches Vademekum für Verbalisten also, das von "A und O" ("Quintessenz") bis "Zylinderhut" ("Chapeau claque") kaum Wünsche offen lässt. Da stört es auch nicht, dass mancher angeblich deutsche Worteintrag so deutsch nicht ist ("anonym", "Potenz" etc.) oder ein zweites Lexikon nötig macht ("Klöppelspitze aus Gimpen"). Hätte Bierce Cropps Lexikon besessen, er hätte die Konversation wohl folgendermaßen definiert: "Zirkus zur Accrochage der miserableren immateriellen Attraktionen, bei der sich jeder Assignant zu intensiv auf die favorable Studie seiner spezifischen Attraktionen konzentriert, als daß er jene seines Nachbarn kontemplativ perzipieren könnte". Das ist zwar nicht ganz richtig übersetzt, macht aber jeden Party-Smalltalk etwas schicker. --Thomas Köster
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