"Ich werde nicht schweigen!": Die TV-Journalistin war Opfer eines Bombenattentats. Doch sie kämpft weiter für die Freiheit im Libanon.May Chidiac
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Die libanesische Fernsehjournalistin May Chidiac ist keine Frau, der man so einfach den Mund verbieten könnte. Sie gibt all jenen eine Stimme, die dem syrischen Einfluss im Libanon ein Ende machen wollen. Ihre Gegner haben lange vergebens versucht, sie einzuschüchtern. Als sie einsahen, dass der Frau so nicht beizukommen ist, haben sie sich entschlossen, sie einfach in die Luft zu sprengen. Doch die maronitische Christin hatte Glück. Auch wenn sie bei der Explosion der unter dem Fahrersitz ihres Wagens deponierten Sprengladung ein Bein und eine Hand verlor. Immerhin kam sie mit dem Leben davon. Noch im Krankenhaus beschloss sie, dass sie auch jetzt nicht klein beigeben würde. Nach mehr als zwei Dutzend Operationen ist sie auf den Fernsehschirm zurückgekehrt. Und sie hat ein Buch geschrieben, das ihren unbeugsamen Willen dokumentiert, auch in Zukunft laut zu sagen, was nach ihrer Überzeugung gesagt werden muss?. In Beirut leben Menschen mit 18 verschiedenen religiösen Bekenntnissen. Früher, so erinnert sich Chidiac, stellte dies aber kein so großes Problem dar. Als Kind habe sie nicht einmal in jedem Falle gewusst, ob die eine oder andere Freundin denn nun eigentlich Christin, Muslima, Drusin oder Angehörige irgendeines anderen Glaubens gewesen sei. Ihre enorme Sprengkraft hat die religiöse Vielfalt erst bekommen, weil die Religion gezielt für politische Machtinteressen instrumentalisiert wurde. Und die Wunden, die der Bürgerkrieg in den achtziger Jahren geschlagen hat, werden bewusst immer wieder von außen aufgerissen. Nicht nur Syrien und der Iran, auch andere Staaten, insbesondere Saudi-Arabien, stacheln die Konfessionskonflikte im Libanon aus eigenem Machtinteresse immer wieder an. Auf libanesischem Boden, resümiert die Autorin, werden die Konflikte anderer Länder ausgefochten: ?Die verschiedenen Bevölkerungsgruppen hier werden wieder und wieder aufgehetzt, um Unruhen auf den Straßen und Chaos in unserem Land zu stiften.?. Weil May Chidiac ihren Landsleuten diese Zusammenhänge in Wort und Schrift mit wachsendem Erfolg vor Augen geführt hat, ist sie ins Visier dieser fremdem Mächte geraten, die den Libanon zugrunde richten. Nach ihrem Comeback wird die Aufmerksamkeit, die ihre Landsleute ihr schenken, wohl noch größer werden. Und nach dieser Lektüre wissen wir: Das ist auch gut so! -- Hasso Greb, Literaturanzeiger.de
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