Gebrauchsanweisung für GriechenlandMartin Pristl
Gebundene Ausgabe
Der Autor schreibt es ja selbst: "In Griechenland funktioniert nichts nach Plan, weil es dort weder Pläne gibt, geschweige denn jemanden, der Interesse daran hätte, sich an Pläne zu halten." Und dennoch verspricht Martin Pristl eine Gebrauchsanweisung für Griechenland? Denkt man an andere Gebrauchsanweisungen à la Ikea-Regal oder Videorekorder, ahnt man jedoch, was gemeint ist. Klarheit entsteht nämlich weniger durch den abgedruckten Text als dadurch, dass sich der Leser aufgrund des Textes mit der Materie beschäftigt. Demzufolge möchte der Wahl-Grieche, der seit 1991 zahlreiche Insider-Führer über das Zehnmillionenvolk geschrieben hat, im konstruktiven Sinne verunsichern, verwirren, durcheinander bringen. Was ihm zweifellos gelingt. Gleich zu Beginn dieser zweiten Auflage -- die übrigens in einem neuartigen Format zwischen Hardcover und Taschenbuch erscheint und um einige Euro billiger geworden ist -- nimmt er eine Vielzahl von Griechenland-Klischees radikal auseinander, indem er behauptet: "Vergessen Sie all die Plakate, mit denen Ihnen Reisebüros einsame, weiße, halbmondförmige Sandstrände vorgaukeln. Es gibt sie nicht." Genauso wenig wie die oft zitierten Heerscharen an Hellenen, die Touristen wochenlang mit größtmöglicher Gastfreundschaft beglücken oder die typisch griechische Vorliebe für das Esel-Reiten. Zugegeben, etliche Thesen sind extrem provokant und übertrieben, aber in der Summe geben sie dem Leser eine ziemlich gute Vorstellung, in welchem Takt das griechische Herz schlägt. Das liegt vor allem daran, dass Martin Pristl eben nicht nur mit spitzer, sondern auch mit liebevoller Feder die griechische Seele zu skizzieren vermag. Anhand von unterschiedlichsten Szenen, die mal in der Autowerkstatt und mal im Kafeníon spielen, gelingt ihm das so gut, dass ihm selbst gebürtige Griechen Respekt zollen ob seiner scharfsinnigen Beobachtungsgabe. Bei der nächsten Auflage sollte man jedoch auf die Cartoons verzichten. Die harmonieren nämlich nicht mit dem Textstil und sind deshalb unpassend. --Leon Heissik
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