Florenz: Eine literarische Einladung (SALTO)Marianne Schneider
Gebundene Ausgabe
Johann Wolfgang von Goethe war eigentlich überall. Im kleinsten Kaff ist er gewesen, sogar in Münster, wenn auch nur für eine Nacht. Und überall, wo Goethe war, da prangen güldene Schilder an ehemaligen Poststationen und Herbergsschänken. Nur in Florenz prangt kein solches Schild. Denn durch Florenz ist Goethe bei seinem ersten Trip ins Land, wo die Zitronen blüh'n, lediglich hindurchgerauscht. Vier knappe Sätze war ihm die Kutschfahrt vorbei an Dom, Baptisterium und Boboli-Gärten am 23. Oktober 1786 in seinem Tagebuch der Italienischen Reise 1786 wert. "Die Begierde nach Rom zu kommen war so groß, wuchs so sehr mit jedem Augenblicke, dass kein Bleiben mehr war und ich mich nur drei Stunden in Florenz aufhielt", schrieb er zur Erklärung an Charlotten. In der Sixtinischen Kapelle dann schlief der Geheimrat ein. Vor Michelangelos David in Florenz wäre ihm das vielleicht nicht passiert. Warum um alles in der Welt aber war Goethe niemals in Florenz? Die Antwort ist denkbar simpel: weil er den falschen Reiseführer hatte! Der nämlich riet ihm vom Besuch des "unbedeutenden" Renaissancestädtchens schlichtweg ab. Andere Dichter waren schlauer, was ihnen nicht nur unvergessliche, bisweilen zwiespältige Erlebnisse in den Uffizien oder auf der Ponte Vecchio bescherte, sondern auch einen Abdruck in Marianne Schneiders schmackhaft aufbereitetem Band Florenz. Eine literarische Einladung, der die schöne Serie der in der Salto-Reihe erschienenen Bücher (Rom, Mallorca, Neapel) komplettiert. Eingeleitet wird das Buch durch Aldo Palazzeschis Text "Für alle, die Florenz nicht kennen", und dann erfährt man, was Autoren wie Giorgio Manganelli, Eugenio Montale, Giovanni Papini, Dante Alighieri, Curzio Malaparte oder Roberto Benigni über die Stadt am Arno, ihre Bewohner und ihre Geschichte so zu sagen haben. So bekommt man nicht nur einen blendenden Eindruck von der schillernden Historie der Stadt -- vergnüglich zu lesen sind die klug ausgewählten Texte außerdem. "Und warum nach Florenz?", ließ weiland Goethe seinen Torquato Tasso fragen. Der aber wusste 1789 gute Gründe dafür vorzubringen. Da hatte der Geheimrat wohl schon einen besseren Reiseführer im Gepäck. So einen wie diese ausgezeichnete literarische Einladung nach Florenz vielleicht, der man unbedingt folgen sollte. --Thomas Köster
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