Wolfgang Amadeus Mozart.Peter Gay
Gebundene Ausgabe
Peter Gay, Historiker und Professor an der Yale University trocknet mit dem eleganten Schwung des Kenners auf wenig mehr als 200 Seiten alle gängigen Mozart-Legendenquellen aus: das nie erwachsen gewordene Wunderkind, der Schöpfer sprühend musikalischer Instant-Ideen, die Entstehung des ominösen Requiems, mit dem der todkranke Mozart seinen eigenen Schwanengesang anstimmte und schließlich das ausgebrannte Wrack, verscharrt in einem anonymen Armengrab. Im Rahmen der neuen Claassen-Buchreihe Biographische Passionen liefert uns der Autor, fern aller Denkmalspflege, das nachvollziehbare Bild eines durch und durch von Musik durchdrungenen Menschen. Musikalisch hoch begabte Kinder waren Mitte des 18. Jahrhunderts keine Seltenheit. Keines jedoch reichte an das Genie Mozarts heran, der vom sechsten Lebensjahr an bis zu seinem frühen Tod (der Komponist starb 1791 im Alter von 35 Jahren) der Musikwelt ein Meisterwerk nach dem anderen hinterließ. Ein Hauptaugenmerk lenkt Gay auf das problematische Verhältnis Mozarts zu seinem Vater. War Leopold Mozart als versierter und selbstherrlicher Musiker anfangs noch strenger Lehrmeister und stolzer Impresario seiner Wunderkinder Nannerl und Wolfgang, die er durch Europas Konzertsäle hetzte, so verwandelte ihn der zunehmende Erfolg des Sprösslings mehr und mehr zum verbitterten Neider. Man kann sich seinen gekränkten Stolz vorstellen, anlässlich eines Wienbesuchs im Frühjahr 1785, als Anhängsel eines Sohnes aufzutreten, der auf dem Höhepunkt seines Schaffens von Kaiser und Hofdamen hofiert wurde. W.A. Mozart, nach außen hin jovial, innerlich aber wund, liebesbedürftig und zu Tode instrumentalisiert, hatte die eigennützige Vaterliebe längst in die Depression getrieben. Gänzlich passioniert wirkt Gay in der hingebungsvollen Beschreibung seiner offensichtlichen Lieblingsopern Don Giovanni und dem Freimaurer-Singspiel Die Zauberflöte, in denen er einen gereiften Mozart auf dem Gipfel seiner Kunst wähnt. Auch zur Entstehung des von Mythen umflorten Requiems hält er eine überraschend einfache Erklärung parat, in der Salieri, der 'böse' Widersacher Mozarts (und für viele der vermutete Auftraggeber), keine Rolle mehr spielt. --Ravi Unger
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