Faust. Der Tragödie erster und zweiter Teil. UrfaustJohann Wolfgang von Goethe
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Nein, an Faust kommt jemand, der sich für Literatur interessiert, nicht vorbei. Ja, und selbst derjenige, der meint, in unserer Zeit habe man nichts mehr mit Goethes Werk zu tun, sei eines besseren belehrt: Längst sind Zitate aus dem unstrittig berühmtesten Drama aus deutscher Dichterhand in alltägliche Redewendungen übergegangen. Irgend etwas aus Faust trägt jeder einmal -- bewußt oder unbewußt -- auf den Lippen. Goethe hat es verstanden, aus der alten Geschichte vom Doktor Faustus, der nach unbedingter Erkenntnis strebt, ein Drama zu machen, das in seiner inhaltlichen und sprachlichen Vielfalt sämtliche Vorgänger in den Schatten stellt. Seine Faust-Gestalt -- und mit ihr das faustische Streben -- stehen für das Streben des Menschen überhaupt. Zu Beginn des Dramas wettet Mephisto mit Gott um die Seele von Faust. Mit Verlockungen und Verwirrungen versucht der Widersacher sein Opfer zu verführen. Nichts scheint ihm unmöglich. Auch das unschuldige Gretchen, in das sich Faust verliebt, scheint er in seiner Gewalt zu haben. Als sie ihre Mutter umbringt, um sich ein Stelldichein mit Faust zu erschleichen, nimmt die Tragödie ihren Lauf.. . Und doch zeigt sich -- trotz allen Leides, welches der Teufel anrichtet -- über die wahre, unschuldige Liebe kann er nicht triumphieren. Mephisto bleibt ein Zyniker vor dem Herrn, ein destruktives Element, ein armer Teufel. Nicht zuletzt auch Sprache und Form der Tragödie sind eine wahre Meisterleistung: Kaum ein anderes Werk besitzt solch eine Vielzahl an metrischen Formen, die exakt auf die jeweiligen Personen und die Dichte der Atmosphäre abgestimmt sind. Die Einmaligkeit von Faust wird erst durch mehrmaliges Lesen deutlich. Dafür sollte man sich Zeit lassen. Auch im kommenden Jahrtausend. --Anne Hauschild
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