Requiem für Ernst JandlFriederike Mayröcker
Taschenbuch
"Der Verlust eines so nahen Menschen, eines HAND- und HERZGEFÄHRTEN ist etwas ganz und gar Erschütterndes, aber vielleicht ist es so, dass man weiter mit diesem HERZ- und LIEBESGEFÄHRTEN sprechen kann, nämlich weiter Gespräche führen kann und vermutlich Antworten erwarten darf." Das schreibt Friederike Mayröcker unmittelbar nach dem Tod ihres Lebensmenschen, ihres Herzgefährten Ernst Jandl, im Sommer 2000. Ihren Zorn ("jammervoll ist der Tod, erbärmlich ist der Tod, viele Schmählichkeiten sind der Tod") und ihren Schmerz versucht sie in einer tief klingenden Totenklage zu bewältigen. Es sind bewegende Texte, fern jeder Rührseligkeit. Erinnerungen an gemeinsame Erlebnisse werden da angerissen, Gespräche mit Vertrauten verarbeitet. Und zwischendurch bricht immer wieder die Wut über das Fatum durch: "Es ist so 1 UNGLÜCK es ist 1 UNGLÜCK, ich schreie, werfe die Teekanne auf den Tisch, schreie NEIN NEIN, er war ganz beige er war ganz beige.". Leise der Schluss: Einem 1976 verfassten Text zu Jandls "ottos mops" fügt sie im Juli 2000 eine Nachschrift an. Und wünscht sich "ein einziges Jahr dieser für mich kaum mehr erinnerbaren Zeit" zurück. Verwischte Hoffnung, Traum der Weiterlebenden: "wie intensiv würde ich es leben, wie behutsam und glücklich". Requiem für Ernst Jandl ist eine leidenschaftliche, eine bedrückende Todesklage geworden, immens stark in Wort und Ton, die ein Überleben, das Überleben erst ermöglicht nach tiefstem Schmerz. --Horst Steinfelt
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