Eros, 8 Audio-CDsHelmut Krausser
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Alexander von Brücken ist ein erfolgreicher Geschäftsmann. Nach dem Zweiten Weltkrieg wachsen seine Werke, die schon unter seinem Vater -- und unter Adolf Hitler -- florierten, zu alter Größe. Die Expansion zur Zeit des Wirtschaftswunders macht von Brücken Spaß. Aber seine eigentliche Leidenschaft gilt etwas anderem: einer Frau, die er kaum kannte. Sofie ist ihr Name, die Tochter eines Arbeiters und einer Arbeiterin, die früher bei seinem nationalsozialistisch gesinnten Vater beschäftigt waren. Von Sofie bekam Alexander als Heranwachsender seinen ersten Kuss, leidenschaftlich, anscheinend, jedenfalls wie von einer Erwachsenen, für 50 Mark. Mit dem Kuss wollte Sofie ihre armen Eltern unterstützen. Für von Brücken ist er der Beginn einer lebenslangen Obsession. Nach dem Krieg macht von Brücken Sofie, die er nach einer Landverschickung aus den Augen verloren hatte, ausfindig. Er holt sie mit einem Privatjet zu einem (missglückten) Tete-a-tete in seine Wohnung. Er schickt ihr Aufpasser und Detektive nach Wuppertal und Berlin, die ihr Leben beobachten (und sanft lenken) sollen. Am Ende seines eigenen Lebens holt er sich einen Autor ins Haus, der diese ebenso banale wie tragische, da keusche Amour fou in Worte kleiden soll. Es ist der Ich-Erzähler von Helmut Kraussers Roman Eros, ein ebenso flott wie brillant beschriebenes Buch über eine Liebe, die es nicht gab -- und die man nur zu verstehen glaubt, weil sie in die blendenden, dabei niemals pathetischen Worte eines Schriftstellers gekleidet wird: eines Schriftstellers zudem, der es gekonnt versteht, durch sein Spiel mit mehreren Erzählebenen ironische Distanz zu erzielen. Seit 1997 hat Krausser nach eigener Aussage an dem Stoff gearbeitet, die siebzehnte und letzte Fassung 2005 zum Druck gebracht. Die Arbeit hat sich auf jeden Fall gelohnt. --Thomas Köster
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