Die Schule der Frauen: RomanAndré Gide
Taschenbuch
André Gide wird am 22. November 1869 in Paris geboren. Er wächst in einem wohlhabenden, sittenstrengen Haushalt auf, der von puritanischem Starrsinn und Bigotterie geprägt ist. Früh beginnt Gide, der schon als 11-Jähriger von sich behauptet, anders zu sein als die anderen, die bürgerliche Moral zu verabscheuen. In seinen Werken hinterfragt er immer wieder Grundsätze und Konventionen, was einen seiner Kritiker zu der Behauptung hinreißt: "André Gides Werk ist der ungeheuerlichste moralische und intellektuelle Skandal des Jahrhunderts" (zit. in Klaus Mann, "André Gide und die Krise des modernen Denkens", 24). 1929 erscheint sein Roman Die Schule der Frauen, der 1930 von Robert und 1936 von Geneviève zu einem literarischen Triptychon erweitert wird. André Gide nimmt hier thematisch Kurs auf die bürgerliche Ehe und die Emanzipation der Frau. Zunächst erzählt Éveline in Tagebuchform von ihrer gescheiterten Ehe. Als junges Mädchen verliebt sie sich in den selbstbewussten und autoritären Robert, den sie gegen den Wunsch ihrer Eltern heiratet. Im Lauf der Jahre schwindet ihre Bewunderung für Robert, von dem sie sich zunehmend bevormundet und eingeengt fühlt. Enttäuscht über diverse Vertrauensbrüche entfernt sich Éveline emotional immer weiter von ihrem Mann, den sie zuletzt sogar verlässt. Robert kommt im zweiten Teil zu Wort. Er verteidigt sich gegen die Vorwürfe, die seine Frau -- nun öffentlich -- gegen ihn erhoben hat. Der konservative Robert sucht den Grund seiner gescheiterten Ehe mit Éveline in ihrer mangelnden Religiosität, dem schlechten Einfluss falscher Freunde und vor allem in der für eine Frau unangemessenen Renitenz. Ihm fehlt jedes Verständnis für Évelines Emanzipationswunsch und er bleibt selbstgerecht und ohne jeden Wunsch, sich und seine Rolle als Mann zu reflektieren, bei seinem altmodischen Frauenbild. Im dritten Teil nimmt ihre gemeinsame Tochter Geneviève Stellung. Sie ist es, die aus feministischen Beweggründen für eine Veröffentlichung des Tagebuchs ihrer Mutter gesorgt hat, das "für manche junge Frau von Nutzen sein könnte" (9). Ihre Kompromisslosigkeit und ihre lesbischen Tendenzen machen sie zum Symbol einer neuen Generation von Frauen, die die patriarchalen Regeln bürgerlichen Eheglücks bewusst brechen. André Gide befand sich, als er an Die Schule der Frauen arbeitete, in einer schriftstellerisch schwierigen Phase und hatte Probleme, das Werk fertig zu stellen. Das merkt man dem Text an, der sicher nicht das Beste ist, was unter dem großen Namen Gide erschienen ist. Die Schule der Frauen schleppt sich trotz seines bemerkenswert modernen Inhalts so dahin. Richtig Spaß macht bei diesem Buch eigentlich nur das emanzipatorische Interesse des männlichen Autors. --J. Hager
|