www.else-buschheuer.de: Das New York TagebuchElse Buschheuer
Taschenbuch
"Ich möchte nur mal schnell anmerken, dass ich durch eines der Flugzeuge, die ins World Trade Center reingeknallt sind (das zweite), wach geworden bin." So lakonisch beginnt Else Buschheuers erster Eintrag in ihr New Yorker Online-Tagebuch am 11. September 2001, 9 Uhr 34 Ortszeit. So unwirklich die Eindrücke anfangs sind, so traumatisch werden sie im Laufe des Tages: "Vorhin, als die Leute wieder anfingen zu schreien und ich eine Bewegung vor dem Fenster (Parterre) sah, als würden sich jetzt alle hinwerfen, dachte ich, jetzt ist mein Haus dran. So klang das, so hat sich das angefühlt", schreibt sie um 10 Uhr 25. Else Buschheuers Internet-Tagebuch, das sie im Herbst 2000 auf ihrer Homepage zu veröffentlichen begann, ist von Anfang an ein viel beachtetes mediales Event gewesen. Ihre Eintragungen aus New York, wohin sie Ende Juni 2001 zog und von wo aus sie weiterhin online berichtete, haben durch die Anschläge aufs World Trade Center am 11. September, die sie in ihrer Wohnung in SoHo -- relativ nahe am Ort der Verwüstungen -- direkt miterlebte, eine unerwartete Relevanz gewonnen. In den Stunden und Tagen, als die Angst groß, das Telefon tot und vor die Tür zu gehen nicht denkbar war, wurde ihr das Internet zu einem unersetzlichen Medium -- zunächst ganz schlicht, um Lebenszeichen in die Heimat zu senden, später, um Eindrücke unmittelbar zu verarbeiten: "Danke, AOL, dich konnte ich zwar bis heute nie leiden, aber.. danke dass ich, als hier sonst nix mehr ging, im Netz sein durfte und nicht alleine war mit dem ganzen Terrorscheiß, Respekt.", heißt es noch am 11. September um 12 Uhr 55. All dies nun en bloc in Buchform nachlesen zu können, ist eine äußerst eindrückliche Erfahrung. Gerade die Tatsache, dass nicht nur die ab dem 11. September entstandenen Texte nachgedruckt wurden, sondern sämtliche Eintragungen seit dem Beginn ihres USA-Aufenthalts, macht das auf diese Weise zweigeteilte Buch zu einem erstaunlich ungewöhnlichen Dokument: So locker und flapsig (und dabei buschheuerig trocken, spitz und präzise) die Gedanken über Gott, die Welt, das Leben und den Alltag in New York vor dem 11. September sind, so beklemmend, zweifelnd und substanziell sind sie danach. Keine wohl durchdachte Reportage über die Ereignisse und ihre Folgen, sondern ungefilterte Eindrücke eines Menschen, der an dem Tag, der die Welt veränderte, "zu weit weg zum Sterben, zu nah zum Weiterleben" war. --Christoph Nettersheim
|