Geschichten vom Herrn Keuner: Zürcher FassungBertolt Brecht
Taschenbuch
Sie sind kurz, verfügen über einen Modellcharakter und geben Impulse zum Weiterdenken; ihre Form ähnelt Fabeln, Parabeln und Aphorismen, und sie beinhalten, zumindest unterschwellig, eine Handlungsanweisung. Die Rede ist von Bertolt Brechts berühmten Geschichten vom Herrn Keuner, an denen der Autor seit 1929 schrieb, und in denen er meist von sich selbst erzählt. Seit Ende 2000 im Nachlass einer Schweizer Dokumentarfilmerin ein Koffer mit Brecht-Texten gefunden wurde, die dieser 1949 bei seinem Umzug nach Ostberlin nicht mitgenommen hatte, gibt es neue Keuner-Geschichten. Manfred Krug liest 12 dieser neuen, bis dahin unbekannten und 38 der bereits berühmten Prosastücke. . Der Schauspieler, der am Berliner Ensemble Brechts seine Karriere begann, trägt die alten und neuen Geschichten vom Herrn Keuner (in Süddeutschen bedeutet "keuner" "keiner") mit einem zurückhaltend, leicht ironischen Akzent vor. Seit er 1977 nach Unterzeichnung der Protesterklärung gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns nach West-Berlin übersiedelte, ist Krug u. a. durch den "Tatort" und die Serie "Liebling Kreuzberg" zu einem der bekanntesten deutschen Schauspieler geworden. Nicht, dass Krug die vielen Dialoge zwischen dem Alter Ego Bertolt Brechts und den Fragestellern eintönig oder wenig abwechslungsreich lesen würde -- nein keineswegs --, aber die häufigen pädagogischen, teils vor Lebensweisheit triefenden Anweisungen im Sinne eines korrekten Verhaltens im politisch-sozialen Kontext werden durch seinen Tonfall angenehm entschärft. Mit heiterer Stimme und Feingefühl trägt er beispielsweise Keuners erstaunlich aktuelle Meinung über mustergültiges Autofahren vor, zeichnet das liebevolle Porträt eines Elefanten, der K?s Lieblingstier ist, und bringt die Geschichte Wenn Haifische Menschen wären sehr überzeugend zu Ohr. "Der Denkende", der so kluge Sentenzen über die Liebe, den Erfolg, die Gastfreundschaft, die Veränderung (in Das Wiedersehen) oder die Haltung des Weisen formuliert, kommt in Krugs ironischer Diktion unbeschwert zur Geltung. Die zurückgenommene Virtuosität, mit der er die Kunstfigur Keuner spricht, ist ein charmanter Rahmen für die Moral, die Lehre und Weisheit des strengen Bert Brecht! Fazit: Manfred Krug, einer der populärsten Schauspieler Deutschlands, ausgestattet mit Ecken und Kanten, präsentiert hier eine sehr feinfühlige Interpretation der bekannten Prosa eines der größten Dramatikers des 20. Jahrhunderts. Hört sich gut an! . Lesung, Spieldauer: ca. 44 Minuten, 1 CD. Mit Booklet. Eine Produktion von DeutschlandRadio Berlin. -- culture.text
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